The Flash
Er lief nur eine Staffel
von André Günther
"Was wir hier machen, ist Qualitätsfernsehen, kein INCREDIBLE HULK. Wir nehmen den Charakter des Flash, trotz der phantastischen Umstände seiner Entstehung, so ernst wie möglich und versuchen, ein realistisches Umfeld zu schaffen", so Comic-Veteran Howard Chaykin zu Beginn seiner Arbeit an THE FLASH. Den beiden Produzenten und Autoren von THE FLASH, Danny Bilson und Paul DeMeo, schwebte zunächst eine Serie über ein Superhelden-Quartett, betitelt UNLIMITED POWERS, vor. Thematisch den WATCHMEN-Comics angelehnt, wo in einer zukünfigen Welt die Superhelden zu Aussätzigen geworden sind, gefiel das Drehbuch dem damaligen CBS-Chef Jeff Sagansky sehr gut. "Doch bei realistischer Betrachtung, war das Ganze fürs Fernsehen einfach nicht machbar. Von den Spezialeffekten und der Finanzierung her, wäre es die Hölle geworden," so Bilson. Also klopfte man eine Reihe anderer Superhelden auf ihre Femsehtauglichkeit ab und der Flash gefiel letztlich allen Beteiligten.
Als Comic reicht die Geschichte des Flash zurück bis ins Jahr 1940. Der junge Jay Garrick arbeitet als Wissenschaftler in einem geheimen Forschungslabor und bekommt seine besondere Fähigkeit durch das Einatmen der Dünste 'schweren Wassers'. Eine Entwicklung also, noch ganz von den Zukunftsphantasien durch die Entdeckung der Kernspaltung geprägt. 1956 erscheint Flash Nummer zwei, Barry Allen - bis heute bei den Fans der beliebteste Flash. Allen arbeitet als Polizeiwissenschaftler und wird einem Chemikalienbad, ausgelöst durch einen Blitzschlag in sein Labor, ausgesetzt. Allen ist der schnellste der drei Flash-Charaktere - er kann seine Körperatome so schnell vibrieren lassen, daß es ihm möglich ist, durch Wände zu laufen. 1985 läßt man Barry Allen in den Comics sterben - ein Umstand, der noch heute von vielen Fans moniert wird. Der aktuelle Flash, Wally West, anfangs noch als Kid Flash unterwegs, ist der Neffe von Barry Allens Freundin Iris und bekam seine Schnelligkeit durch einen ähnlichen Unfall wie Barry Allen.
"Unser Flash ist eine Kombination aller Flash-lnkarnationen, sozusagen die Summe dessen, was uns am besten am Flash gefallen hat, wobei Barry Allen für uns der klassische Flash ist", so DeMeo und Bilson. Einige Elemente der Allen-Periode wurden denn auch in die Serie mit übernommen, z.B. die verschiedenartigen Auswirkungen auf seinen Metabolismus: Nervosität (welche sich schon mal in hyperschnellem Umherlaufen ausdrückt, wobei tiefe Spuren im Teppich zurückbleiben), unkontrolliertes Essen (für den TV-Barry Allen ist es kein Problem, zehn Platten Pizza zu verdrücken wie in der Folge DOUBLE VISION), plötzliche Schwächeanfalle, etc. "Allen ist nicht der geborene Superheld. Ihm sind seine neuen Fähigkeiten aufgedrückt worden - und wie das körperlich und psychologisch auf ihn wirkt, wollen wir ausleuchten", so Howard Chaykin zu Beginn der Serie. So gerät der Flash schon mal außer Atem, verstaucht sich den Knöchel oder wird ohnmächtig geschlagen - ein Superheld der alltäglichen Art eben.
Wer aber sollte diesen Superhelden spielen? "Für die Rolle des Flash haben wir viele vorsprechen lassen und einige waren sehr interessiert", so DeMeo, "aber sobald wir ihnen ein Foto von dem Anzug zeigten, kniffen sie. Die dachten wohl, sie sähen albern darin aus." Einer, der sich nicht abschrecken ließ und körperlich auch genau der war, nach dem DeMeo und Bilson suchten, war John Wesley Shipp: Hochgewachsen, durchtrainiert und mit genau der richtigen Kombination aus Rauheit und Lausbübigkeit ausgestattet, um einen Superhelden mit Witz und Herz zu spielen. Shipp zu seiner Rollenwahl: "Das Drehbuch war sehr ausgefeilt und hatte einen ernsten Unterton, der mir gefiel. Barry Allen sprach mich an, weil er ein ganz normaler Kerl ist, der mit außergewöhnlichen Umständen fertig werden muß, mit den physischen Eigenschaften Supermans und den psychologischen Konflikten Batmans." Den Produzenten gefiel zudem, daß Shipp durch seine Arbeit an mehreren Soap Operas (wofür er zweimal den 'Daytime Emmy' gewann) auf die anstrengende und langwierige Arbeit an einer effektlastigen Serie wie THE FLASH bestens vorbereitet war. "Bei den Soaps muß man immer eine Unmenge an Text in kurzer Zeit lernen," so Shipp, "da oft eine ganze Folge an einem Tag aufgezeichnet wird. Man lernt also, sehr konzentriert zu arbeiten."
Das Design des roten Flash-Anzugs besorgte Dave Stevens, Zeichner des ROCKETEER; die Fertigung übernahm Robert Short (BEETLEJUICE). Shipp mußte einen Spandex-Anzug anziehen, auf den anschließend modellierte Muskeln aufgeklebt wurden. Das Ganze wurde mit einem speziellen Plastikmaterial eingesprüht, wodurch die Übergänge zwischen Shipps echten Muskeln und den modellierten nicht mehr zu sehen waren und die Oberfläche des Anzuges eine ganz eigene Struktur erhielt. Anschließend wurde der Anzug sorgfältig bemalt und dunkle Schatten unter den Muskelpartien aufgetragen. "Die Produzenten wollten keinen Kerl in roten Strumpfhosen", so Short, "sondern etwas Respekteinflößendes wie den Anzug von Batman." Bereits im Pilotfilm wird deutlich, daß der Anzug eine Funktion zu erfüllen hat und nicht bloße Verkleidung ist. So ist seine Oberfläche den speziellen Anforderungen der hohen Geschwindigkeiten, wie Reibung und Hitzeentwicklung, gewachsen, während die Ohrflügel stabilisierend wirken sollen und gleichzeitig Kommunikationsmittel sind. "Im Prinzip hatte ich nichts dagegen, den Dress zu tragen," so Shipp dazu, "bloß war ich spätestens nach einer Stunde total durchgeschwitzt." Zwischen den Aufnahmen wurde Shipp regelmäßig trockengefönt, trotzdem war er wegen der Feuchtigkeit im Anzug und der Kühle während der vielen Nachtdrehs oft erkältet.
Auch die vielen Spezialeffekte verlangten ihm einiges ab. So mußte er mehrmals komplette Zimmer aufräumen, weitverstreute Dinge zusammensuchen und sich in Windeseile umziehen. Vor der Blue-, bzw. Blackscreen durfte Shipp nach genau choreographierten Bewegungsabläufen unsichtbare Verbrecher verprügeln, nicht vorhandenen Kugeln ausweichen oder durch leere Straßen rennen. Ein, laut Shipp, anstrengender und manchmal einsamer Job: "Während alle anderen gehen durften, mußte ich immer da bleiben. Amanda Pays oder Alex Desert kamen, drehten ein paar Szenen mit mir und gingen. Am Ende habe ich mich manchmal gefragt, wann ich denn nun endlich gehen darf."
Damit sich Live-Action und Trickszenen nahtlos ineinander fügen ließen, mußte am Set ständig genauestens Buch geführt werden über Kameralinsen, Aufhahmewinkel, Standorte der Schauspieler, usw. Nach der Aufnahme sämtlicher Elemente wurde alles auf digitales Videoband transferiert und an The Post Group, Los Angeles, übergeben. Diese übernahmen die Aufgabe, die gefilmten Elemente zu kombinieren und zusätzliche Effekte einzuarbeiten. Für etwa 30 bis 80 Effekte pro Folge standen drei bis fünf Tage zur Verfügung. Alan Moyer von The Post Group dazu: "Pro Effekt war etwa eine Stunde Bearbeitungszeit angesetzt. Ein einfacher Schliereneffekt war in zwanzig Minuten zu machen. Wenn aber mehrere Elemente zusammenkamen, brauchte man bedeutend länger." Der wichtigste Effekt war das Ziehen von Schlieren, wenn der Flash mit Hochgeschwindigkeit läuft. Zur Erzeugung dieses Effekts wurde der Flash mit langer Belichtungszeit gefilmt, um seine Bewegungen von vornherein weicher zu machen. Danach wurden am Computer prägnante Linien seiner Bewegung zurückverfolgt und mit einem Schattenbild überlagert. Schwierig wurde für Moyer die Sache, wenn Shipp in Zivilkleidung mit Supergeschwindigkeit laufen sollte, da prägnante Linien bei seiner erdfarbenen Kleidung kaum vorhanden waren. Um letztlich auch der Forderung von Warner Bros, nach einem filmischen Look der Serie nachzukommen, wurden sämtliche zu kombinierenden Elemente auf Film gedreht und nach der Bearbeitung auf Videoband wieder auf Film rückübertragen. Eine Vorgehensweise, die THE FLASH wohltuend von der buntgelackten Farbigkeit und Helligkeit anderer US-Serien wie etwa STAR TREK: THE NEXT GENERATION abhebt.
Auch stylistisch wollten die Produzenten mit THE FLASH eigene Wege gehen. So wurden die Garderoben der Darsteller allesamt eher erdtönig gehalten und genau mit den Farben der Sets abgestimmt. Lange Mäntel, Trenchcoats und generell Garderobe der 30er und 40er Jahre bestimmen das Bild. Gleichzeitig ist Central City, irgendwo im Mittleren Westen angesiedelt, eine Stadt, die in den 30ern steckengeblieben zu sein und den industriellen Fortschritt verschlafen zu haben scheint. Das hindert aber niemanden daran, wie selbstverständlich mit modernsten Computern oder hochtechnisierten Bösewichtern umzugehen und gleich darauf ein 40er Jahre-Taxi oder ein Bakelit-Telefon zu benutzen. Bei den Fahrzeugen versuchte man ebenfalls, diesem Grundtenor gerecht zu werden. Taxis und Lastwagen stammen aus den 30er bis 50er Jahren, Polizeiwagen und viele Privatwagen sind aus den 90ern. Backsteingebäude und alte Lagerhäuser prägen das Bild von Central City - Wolkenkratzer fehlen völlig. Wann immer eine Verfolgungsjagd stattfindet, der Flash durch die Stadt rast oder die Bösewichter sich irgendwo verschanzen - immer hat man den Eindruck, sich in einem Lagerhaus-Viertel zu befinden. Damit hebt sich Central City sehr bestimmt von Metropolis aus SUPERMAN und Gotham City aus BATMAN ab.
Die Stunts der Serie wurden von Billy Burton (DICK TRACY) koordiniert, der eine besondere Herausforderung darin sah, daß viele Stunts ohne Partner ausgeführt werden mußten, da der Flash ja erst später einkopiert wurde. Für das unschwer an BATMAN erinnernde Titelthema konnte Danny Elfrnan gewonnen werden, während die Serienmusik von der Dirigentin, Orchestratorin und langjährigen Elfman-Mitarbeiterin Shirley Walker komponiert wurde.
Daß neben aller formalen Finesse die Geschichten und Charaktere nicht zu kurz kamen, dafür sorgten die Drehbuchautoren, die ein wahres Füllhorn an Ideen, Figuren und Situationen ausschütteten. Zu einem besonders beliebten Story-Element in THE FLASH wurde die Dualität von Personen. So muß Allen/Flash gegen die Bösewichter Captain Cold und Trickster (bürgerlich: James Montgomery Jesse) antreten und trifft auf Nightshade (bürgerlich: Dr. Desmond Powell), einen Kämpfer gegen das Unrecht aus den fünfziger Jahren. In der Episode TWIN STREAKS bekommt er es sogar mit einem Flash-Klon zu tun. All diese Konfrontationen beleuchten Barry Allens eigene Dualität und lassen ihn reifen. "Die Figur des Barry Allen ist nicht von vornherein und für alle Folgen fest definiert, sondern sie gewinnt in jeder Folge an Dimension hinzu", erklärt Howard Chaykin. So werden die Probleme von Barry Allen, bzw. von Flash in nachfolgenden Episoden immer wieder aufgegriffen. Wie wird Barry Allen z.B. handeln, wenn er seinen Vater vor einem rachsüchtigen Verbrecher schützen muß, sich seinem Vater gegenüber aber nicht als Flash zu erkennen geben darf (Episode SINS OF THE FATHER)? Wie verhält sich Allen, wenn er zwischen zwei Frauen gerät (z.B. Episoden WATCHING THE DETECTIVES)? Darf der Flash auch mal zu Tricks und unfairen Mitteln greifen, wenn er einem scheinbar übermächtigen Gegner gegenübersteht (z:B. Episoden THE TRICKSTER, CAPTAIN COLD)? Dabei haben es die Autoren immer verstanden, auch den Nebenfiguren Konturen und Hintergrundgeschichten zu geben und diese elegant mit der Notwendigkeit eines Flash-Abenteuers zu verknüpfen.
Obwohl die Serie durchaus ernst angegangen wurde, kam in THE FLASH auch der Humor nie zu kurz. Ein 'Running Gag' der ersten sechs Folgen ist z.B. das ständige Beharren von Officer Bellows, daß sein Partner Officer Murphy der Flash sei, was schließlich dazu führt, daß dieser in einem lächerlichen Flash-Outfit auf einem Kostümball erscheint und sich outet (leider sind schon zehn andere Flashs dort). Mit der bei weitem lustigsten und ungezügeltsten Episode TRIAL OF THE TRICKSTER fand die Serie nach nur 22 Folgen ein jähes Ende. Schuld war der ungünstige Sendetermin am Donnerstagabend, denn zur Prime Time starteten neben THE FLASH auch noch THE SIMPSONS und THE COSBY SHOW ins Rennen um die besten Einschaltquoten und hängten den Mann in Rot regelmäßig ab.
The Flash - Fakten
THE FLASH erscheint seit 1945 bei DC Comics.
Im US-TV lief die Serie (22 Folgen à 45 Minuten) von September 1990 bis Mai 1991. In Deutschland war sie wiederholt auf RTL zu sehen. Die Synchronisation zeichnet sich durch gut ausgewählte Sprecher und Nähe zum Original aus.
Bei Warner Home Video sind die Kassetten FLASH (THE FLASH); FLASH II: DIE RACHE DES TRICKSERS (Zusammenschnitt von THE TRICKSTER und TRIAL OF THE TRICKSTER) und FLASH 3: DEADLY NIGHTSHADE (Zusammenschnitt von GHOST IN THE MACHINE und DEADLY NIGHTSHADE) erschienen.
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Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 7, November 1997
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