Mimic

MIMIC

von Ivo Scheloske

"Meine Akteure müssen die Ängste, die sie auf der Leinwand darstellen sollen tatsächlich körperlich durchleben. Darauf spricht das Publikum an. Es gibt diese Filme, wo du genau merkst, vor zwei Minuten hat der Darsteller in seinem Wohnwagen eine Flasche Evian getrunken und seinen Manager angerufen. Du siehst keine Furcht, nur den leeren Ausdruck eines Schauspielers, der durch den Film stapft."

Guillermo del Toro über Angst im Film

 

Fünf Jahre ist es her, daß Regisseur Guillermo del Toro mit seinem Film CRONOS über einen antiken stählernen Vampir-Käfer auf den Genre-Festivals (und nicht nur da) einen riesigen Erfolg erntete und bewies, daß man in dem eigentlich als ausgelutscht geltendem Genre nicht nur Blut verspritzen muß, sondern mit Spannung und einer intelligenten Story auch heute noch das Publikum zu fesseln vermag.

Irgendwann in näherer Zukunft sucht eine durch Kakerlaken ausgelöste Seuche Manhattan heim, die speziell Kinder als Opfer fordert. Der Wissenschaftlerin Susan Tyler gelingt es gemeinsam mit ihrem Kollegen Peter Mann, einen genmutierten Käfer, eine Mischung aus Heuschrecke und Termite, zu kreieren, welcher als Judas-Brut bezeichnet wird und getreu seinem Namen die Kakerlaken infiltriert und tötet. Die Seuche verschwindet, doch die Mutation, die eigentlich als steril galt, entwickelt sich weiter...

Drei Jahre später kommt es zu merkwürdigen Ereignissen: Im Umkreis einer U-Bahn-Station verschwinden immer mehr Leute, werden in die Kanalisation oder in verlassene U-Bahn-Schächte gezogen. Einziger Zeuge ist Chuy, der autistische Sohn des Schuhputzers Manny, der mit dem Klicken von Löffeln scheinbar einen Kontakt zu der düsteren Gestalt herstellt, die, seitdem der Pfarrer ermordet wurde, in der verlassenen Kirche ein- und ausgeht. Doch erst, als ein paar Kinder Susan Tyler ein riesiges, noch lebendes Exemplar einer Kakerlake zeigen und sie daraufhinweisen, daß es viele weitere davon in den alten U-Bahn-Tunneln gäbe, wird man von Seiten der Behörden aktiv. Doch bis endlich eine Suchaktion gestartet wird, fordern die unter Erde lauernden Mutationen noch eine ganze Reihe Opfer - speziell unter den neugierigen Kindern...

Wäre man gehässig, könnte man hier von einem ALIEN-Rip-Off sprechen, doch genau das sind Filme wie THE RELIC oder EVENT HORIZON ebenfalls (um nur ein paar aktuelle zu nennen), und obgleich der Film so gut wie keine neue Komponente aufweist (das reicht von dem aus SEVEN geklauten Vorspann bis zum feurigen Finale), schafft es del Toro, durch die virtuose Vermischung von Altbekanntem mit ein paar wenigen neuen Kniffen (speziell wenn man herausbekommt, warum der Film MIMIC heißt) den Zuschauer problemlos bei der Stange zu halten. Ein guter Grund hierfür liegt sicherlich in dem Spiel mit zwei der bekanntesten Ängste, wie sie schon in ARACHNOPHOBIA genutzt wurden: dunkles Terrain und ekelhafteste Kreaturen (die wir alle nur zu genau aus unserer unmittelbaren Umgebung her kennen). Die düsteren Sets, die den Darstellern genügend Gelegenheit bieten, sich in Staub und Schleim zu suhlen, sind hervorragend in Szene gesetzt und - trotz der stetigen Dunkelheit - doch noch so gut ausgeleuchtet, daß sich der Zuschauer problemlos orientieren kann, ohne daß die ganze Umgebung gleich unnatürlich hell wirkt. Da das Ganze auch noch recht flott inszeniert ist, Ruhepausen für den Zuschauer gibt es so gut wie keine, kommt trotz der altbackenen Geschichte nicht die geringste Langeweile auf.

Diamant in der Krone ist aber sicherlich Mira Sorvino, die umso schöner aussieht, je dreckiger sie wird, und somit alleine schon für eine Erhöhung der Zuschauerzahlen (wenn auch mehr männlicherseits) sorgen dürfte. Da sie aber zum Glück nicht die "damsel in distress" gibt, sondern recht tough gegen unsere Mutationen vorgeht, dürfte sich auch die weiblich Fangemeinde angesprochen fühlen. Alles in allem freut es doch sehr, daß es da draußen noch Filmemacher gibt, die das Horrorgenre ernst nehmen.

 

Guillermo del Toro über Mira Sorvino:

"Ich war begeistert von ihrer Vielseitigkeit. In BARCELONA hielt ich sie für eine Spanierin, in QUIZ SHOW und MIGHTY APHRODITE war sie ein völlig anderer Charakter. Sie ist interessant und bringt sich sehr in ihre Rollen ein. Ich denke, der Film offenbart Teile ihrer Persönlichkeit, die man vorher noch nicht kannte."

 

MIMIC

  • Regie: Guillermo del Toro
  • Drehbuch: Mathew Robbins, Guillermo del Toro
  • Darsteller: Mira Sorvino, Jeremy Northam, Giancarlo Giannini, Charles S. Dutton, uvm.

    (Die Zitate von Regisseur Guillermo del Toro wurden im Internet aufgespürt und von Guido Keller exklusiv für SPOOKIE übersetzt)

    Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 7, November 1997