STEPHEN KING'S SCHLAFWANDLER
Kritiker und Bewunderer Kings, aber auch der Meister selbst zeigten sich in der Vergangenheit häufig enttäuscht von der mangelnden Qualität filmischer Umsetzungen seiner Werke. Nur selten gelang es den Drehbuchautoren und Regisseuren, die Bestseller-Vorlagen in den Griff zu bekommen. Kings erster Versuch, eine seiner Geschichten selbst in Szene zu setzen, bildet da keine Ausnahme. Trotz der erheblichen Menge an Verfilmungen ist eine unmittelbare Abhängigkeit zwischen filmischer Qualität und kommerziellem Erfolg/Mißerfolg kaum auszumachen.
Zu SLEEPWALKERS lieferte King nicht nur sein erstes Originaldrehbuch ab, sondern absolvierte à la Hitchcock einen Kurzauftritt (zusammen mit Horrorkollegen wie Tobe Hooper, Clive Barker, Joe Dante und John Landis), und Kings eigene Katze spielt die Rolle von Clovis, "The Attack Cat".
Mit den Schlafwandlern sind das Mutter-Sohn-Gespann Mary und Charles Brady gemeint, die in dem kleinen Nest Travis im US-Staat Virginia ein wenig Ruhe und ungestörte Jagdgründe suchen. Ihre Beute sind jungfräuliche Mädchen, von deren Energie sie sich ernähren. Nur die Katzen wissen, daß es sich bei den beiden um monströse Kreaturen, zu gleichen Teilen aus Mensch, Katze und Reptil bestehend, handelt. Zunächst nur vereinzelt, später in Scharen belagern sie das Haus der Bradys, sogar Bärenfallen können sie nicht fernhalten.
Aus dem Jahrbuch der örtlichen Highschool hat Charles sich das scheinbar ideale Opfer herausgesucht: die unschuldige Tanya. Mittels Charme und imposantem Auto weiß er ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Vor dem gemeinsamen Fotoausflug zu einem alten Friedhof räumt Charles noch schnell und auf äußerst brutale Art einen neugierigen Lehrer aus dem Weg, der sich etwas zu intensiv mit seiner Vergangenheit befaßt hat. Zwischen den Gräbern wird Charles schnell zudringlich und zunehmend aggressiv und offenbart seine wahre monströse Identität. Die schockierte Tanya wehrt sich mit aller Kraft, während Charles nur seinen blutverschmierten Pullover bedauert und lakonisch fragt: "Sag' mir, an welcher Stelle genau hab' ich Dein Vertrauen verloren?"
Der zufällig vorbeifahrende Hilfssheriff wird ebenso ausgeschaltet, dessen Katze Clovis aber setzt Charles mit ihren Krallen übel zu - denn das einzige, was die Schlafwandler zu fürchten haben, sind die Krallen normaler Hauskatzen. Schwer verletzt schleppt sich Charles zu seiner nach jungfräulicher Energie schmachtenden Mutter, deren Wut und tödliches Verlangen zu einem blut- und katzenintensiven Showdown führen.
Wie die zahllosen Adaptionen zuvor, kann auch diese nur in wenigen Punkten überzeugen und besteht in erster Linie aus einer mit Effekten gespickten Aneinanderreihung von Genreklischees. Die mysteriöse Atmosphäre, wie sie sich zu Beginn einstellt, wird zugunsten von blutigen Schockszenen und kleinen "Set Pieces" frühzeitig über Bord geworfen. Zudem trägt Mick Garris (CRITTERS 2) Regie wenig dazu bei, Sprünge und Ungereimtheiten in der Handlung zu kaschieren, bzw. einen größeren Spannungsbogen zu konstruieren. Dröhnende Popsongs und nicht minder laute Geräuscheffekte werden mit Vorliebe dazu herangezogen, um handlungsmäßig wenig ergiebige Sequenzen (wie etwa eine längere Autoverfolgungsjagd) und inszenatorische Leerläufe zu überbrücken.
Bisweilen möchte man den Protagonisten zurufen, sie sollten endlich mal reagieren, wenn sie (einschließlich Katzen) entscheidende Momente zur Reaktion nicht oder nur langsam nutzen. Die Fähigkeit der Schlafwandler, nicht nur ihre eigene Gestalt zu verändern, sondern auch die anderer Dinge (u.a. "wechselt" Charles auf diese Weise seinen Wagen) oder diese gar verschwinden zu lassen, bieten zwar Gelegenheiten für einige eindrucksvolle Effekte, dienen aber zumeist nur dem Selbstzweck, zumal sie auf Dauer wenig abwechslungsreich sind.
Auf der Habenseite befinden sich die ausgezeichnet spielende Alice Krige (BARFLY, GHOST STORY, HAUNTED SUMMER) als lechzend-liebende Mutter und die (außer den oben genannten) Cameo-Auftritte von Ron Perlman (NAME OF THE ROSE, BEAUTY AND THE BEAST) und Mark Hamill. Nicht vergessen darf man die für einen Hollywood-Film erstaunlich explizite Darstellung der inzestuösen Mutter-Sohn-Beziehung (inklusive einer innigen Liebesszene!), die gleichwohl das Außenseiterdasein dieser zum Untergang verdammten Kreaturen wirkungsvoll unterstreicht. Die Katzenmasken der beiden Hauptdarsteller (nicht jedoch die lächerlichen Gummianzüge während des Showdowns!) sind effektiv und lassen den Akteuren genügend schauspielerischen Freiraum.
Autor King und Regisseur Garris verstehen es durchaus, ihr Publikum zu befriedigen, überlassen die Geschichte jedoch auf weite Strecken allzu plump den Genrekonventionen. Die Fans von Stephen King sind gut beraten, sich weiterhin eher an die Bücher ihres Lieblings zu halten.
Bewertung: 8 Punkte
- SLEEPWALKERS
- USA 1991
- Regie: Mick Garris
- Produktion: Mark Victor, Michael Grais, Nabeel Zahid
- Drehbuch: Stephen King
- Kamera: Rodney Charters
- Musik: Nicholas Pike
- Schnitt: O. Nicholas Brown
- Spezialeffekte: Tony Gardner, John Dykstra
- Darsteller: Alice Krige, Brian Krause, Mädchen Amick, Jim Haynie, Cindy Picken
- Plus: Gastauftritte von Stephen King, Clive Barker, Tobe Hooper, Joe Dante, John Landis, Mark Hamill und Ron Perlman
- FSK: 18
- Columbia
- 90 Minuten
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