Rocketeer

ROCKETEER

Wie die 1981 erschienenen Comics von Dave Stevens spielt auch der Film-ROCKETEER im Amerika der 30er Jahre. Die Gangster sind zwar böse, besitzen jedoch Stil, die Filmhelden werden wie Götter verehrt, die Polizei ist stets ein wenig zu spät zur Stelle und die Fliegerei ist noch ein Abenteuer für wahre Männer und jugendliche Draufgänger - eben die "guten, alten Zeiten". Aber halt, gab es damals nicht auch die Prohibition, den Wall-Street-Crash und die Weltwirtschaftskrise? Egal, das interessiert hier niemanden.

Dem jungen Flieger Cliff Secord und seinem Mechanikerfreund Peevy fällt mehr oder minder zufällig ein Raketenrucksack in die Hände, weshalb sich sogleich einige Verfolger, mit guter und böser Gesinnung, an ihre Fersen heften. Das FBI will den Rucksack seinem Erfinder, dem Multimillionär Howard Hughes zurückgeben, damit er nicht den Nazis - unsere braunen Allzweckschurken dürfen natürlich nicht fehlen - als Wunderwaffe zur Welteroberung zur Freude gereicht. Der Gangsterboß Eddie Valentine und seine Schergen würden ihn gern dem Hollywood-Star Neville Sinclair gegen ein hübsches Sümmchen überlassen. Sinclair wiederum entpuppt sich, oh Graus, als Nazispion, hinter dem bereits seit langem das FBI her ist.

Daß sich bei solchen Konstellationen ausreichend Gelegenheiten bieten, die Flugfähigkeiten des Rucksacks und seines Piloten unter Beweis zu stellen, versteht sich von selbst, zumal zusätzlich Secords Freundin Jenny in die Ereignisse verwickelt wird. Wenn am Ende FBI und Gangster Schulter an Schulter den bösen Nazis den Garaus machen und deren gigantischer Hindenburg-ähnlicher Zeppelin mitsamt Sinclair und dem Rucksack explodiert, lehrt uns dies zweierlei: erstens, daß wahrer Patriotismus Gut und Böse vereint und Bescheidenheit und Pflichtbewußtsein fördert (Secords größter Traum ist auch nach den bestandenen Abenteuern noch der Gewinn der nationalen Flugmeisterschaften), und zweitens, daß die Nazis im Grunde genommen nur großspurige Hohlköpfe waren.

Nach HONEY I SHRUNK THE KIDS ist Regisseur Joe Johnston ein neuerlicher Wurf geglückt. Die Darsteller präsentieren sich in ausgezeichneter Spiellaune, allen voran Timothy Dalton in einer James Bond-untypischen Schurkenrolle als Neville Sinclair und Newcomer Bill Campbell, glücklicherweise kein tumber Schönling und strahlender Held, der dem Rocketeer Cliff Secord mit prägnanter Mimik Konturen verleiht. Selbst die Nebenfiguren wurden sorgfältig und treffend besetzt, wobei man als Nazis sogar deutsche, bzw. deutschstämmige Darsteller auswählte, was sich an ihrem akzentfreien Deutsch leicht ablesen läßt. Die Dekors entsprechen der Zeit und stimmen bis ins Detail - vom plüschigen South Seas Club bis hin zum Chaplin Airfield.

Die Drehbuchautoren Danny Bilson und Paul DeMeo (THE FLASH) halten geschickt die Waage zwischen den romantischen und actionreichen Elementen der Story, so daß keine Langeweile aufkommt. Regisseur Johnston merkt man seine Erfahrung in diesem tricktechnisch vorbelastetem Genre deutlich an (u.a. arbeitete er als Produktionsdesigner/ Storyboarder bei STAR WARS und RAIDERS OF THE LOST ARK mit), wobei sich

jedoch manchmal die Frage stellt, ob die eine oder andere Szene freiwillig oder unfreiwillig parodistisch angelegt ist. Dies gilt vor allem für den stark patriotisch gefärbten Schluß und einige Spezialeffekt-Sequenzen, bei denen die ILM-Mitarbeiter (beabsichtigt oder unbeabsichtigt?) nicht ganz auf der Höhe waren. Eindeutig voll auf der Höhe befand sich der Komponist James Horner, der nach einigen bescheideneren Projekten wie z.B. CLASS ACTION wieder einen mitreißenden Score abgeliefert hat.

Unter dem Strich bietet sich das Bild eines Filmes, der durch seine sorgfältige Gestaltung einfach Spaß macht. Während sich alle am Happy-End erfreuen, hält Peevy die Konstruktionspläne des zerstörten Rucksacks in den Händen und denkt bereits über Verbesserungen des Fluggeräts nach. Fortsetzung folgt? Die Einspielergebnisse werden es zeigen.

Bewertung: 11 Punkte

  • THE ROCKETEER
  • USA 1990
  • Regie: Joe Johnston
  • Produktion: Lawrence Gordon, Charles Gordon, Lloyd Levin
  • Drehbuch: Danny Bilson, Paul DeMeo, William Dear nach einem Comic von Dave Stevens
  • Kamera: Hiro Narita
  • Musik: James Horner
  • Darsteller: Bill Campbell, Jennifer Connelly, Alan Arkin, Timothy Dalton, Paul Sorvino
  • FSK: 12
  • Warner
  • 110 Minuten