von menschenaffen und vielen mäusen
ein rückblick auf "planet der affen"
1. teil: ein mann und seine idee
von Markus Janda
"Es begann 1963 in Paris", erinnert sich der Produzent Arthur P. Jacobs in einem Artikel der Zeitschrift "SciFi Universe" an die Geburtsstunde seines größten Filmerfolges zurück. "Ich suchte nach einem Filmstoff und traf mich mit einigen Literaturagenten. Sie fragten mich, wonach ich suche, und ich sagte, daß mir etwas in der Art von KING KONG vorschwebe. Ungefähr sechs Monate später war ich wieder in Paris und ein Agent rief mich an. Er meinte: 'Ich habe hier ein Buch, aber ich denke nicht, daß man es verfilmen kann. Wie wollen Sie einen sprechenden Affen glaubwürdig darstellen?' Er erzählte mir die Geschichte und ich sagte: 'Ich kauf sie!'" Das Buch, das Jacobs so spontan begeisterte, hieß "Planet der Affen" und stammte von dem französischen Schriftsteller Pierre Boulle, der mit seinem Roman "Die Brücke am Kwai" schon einmal die Vorlage für einen erfolgreichen Hollywoodfilm geliefert hatte.
In "Planet der Affen" beschreibt Boulle die Erlebnisse des Journalisten Ulyssee Merou, der im Jahr 2500 an einer Raumfahrtexpedition teilnimmt und dabei auf einen Planeten verschlagen wird, der von hochintelligenten Affen regiert wird. Nachdem Jacobs endlich seinen Filmstoff gefunden hatte, ließ er sogleich von allen anderen Plänen ab (so überließ er es beispielsweise seinem Kollegen Dino De Laurentiis, sich mit einem KING KONG-Remake in die Nesseln zu setzen) und beauftragte einen Grafiker damit, Illustrationen von einer fremden Planetenlandschaft, den Astronauten und den sprechenden Affen anzufertigen. Gleichzeitig setzte er mit dem Regisseur J. Lee Thompson, der den Film gerne inszenieren wollte, ein Papier auf, in dem beide beschrieben, wie sie sich die geplante PLANET DER AFFEN-Verfilmung vorstellten, nämlich als Mischung "...aus FRANKENSTEIN, KING KONG, DR. JEKYLL AND MR. HYDE, THINGS TO COME, THE BIRDS und anderen Filmklassikern..." Der Film solle eine echte Attraktion werden. In der Rolle des Ulyssee (später Taylor) könne man sich Marlon Brando, Paul Newman oder Burt Lancaster gut vorstellen. Mit dieser schriftlichen Ideenskizze und den Illustrationen bewaffnet klapperte Jacobs die großen Hollywoodstudios ab, um Financiers für sein Projekt zu finden. Vergeblich. Ein Science Fiction-Film mit sprechenden Affen - das roch für die Studiobosse mehr nach einem billigen Trash Movie fürs Autokino als nach einer aufwendig gestalteten und gewinnbringenden Großproduktion. Auch in Übersee stieß Jacobs nur auf höfliche Ablehnung, so daß es schon ganz danach aussah, als sollte "Planet der Affen" nie den Sprung auf die Kinoleinwand schaffen.
Schließlich mußte sich Arthur P. Jacobs sogar nach einem neuen Regisseur umsehen, da J. Lee Thompson wegen anderweitiger Verpflichtungen nicht mehr zur Verfügung stand. Es gelang ihm, Blake Edwards (DER ROSAROTE PANTHER) für seinen Film zu begeistern. Edwards zählte damals zu den angesagtesten Regisseuren in Hollywood, weshalb sich Warner Bros. umgehend eine Option auf die geplante PLANET DER AFFEN-Verfilmung sicherte. Mit Edwards stieß Rod Serling, ein pfiffiger Drehbuchautor und Schöpfer der TV-Serie TWILIGHT ZONE, zum AFFEN- Team. Nach monatelangen Verhandlungen mit Studios, Regisseuren, Drehbuchautoren und Schauspielern schien die Produktion nun endlich auf festen Beinen zu stehen. Schien, denn als Serling seine erste Drehbuchfassung vorlegte, verließ die Warner Bros.-Oberen der Mut. Freilich weniger wegen der in mondänen Nachtclubs schwofenden Affen mit ihren eleganten Straßenkreuzern, mit denen Serling die amerikanische Gesellschaft karikieren wollte, sondern vielmehr wegen der geschätzten Produktionskosten in Höhe von siebeneinhalb Millionen Dollar. Das Risiko, das der Film dieses Geld nicht wieder einspielte, war der Studioleitung zu groß, also wurde PLANET DER AFFEN aus der Projektplanung gestrichen.
Arthur P. Jacobs mußte wieder ganz von vorne anfangen, ohne Geld, ohne Regisseur (Blake Edwards wandte sich anderen Projekten zu), nur mit einem Skript in der Hand. Der Produzent wußte, daß er einen prominenten Fürsprecher brauchte, wollte er PLANET DER AFFEN nach dieser Pleite doch noch ins Kino bringen. Er fand diesen Fürsprecher in Charlton Heston, dem er die Rolle des Taylor anbot. Heston las den Roman und wurde wie Jacobs ein Affen Fan. Gemeinsam überzeugten sie Altstar Edward G. Robinson, ebenfalls in dem Film mitzuwirken, als der gelehrte Orang-Utan Dr. Zaius. Auch Regisseur Franklin J. Schaffner konnte den Überredungskünsten des Gespanns Jacobs/Heston nicht widerstehen und stieg in das Projekt ein.
Richard Zanuck, Produktionschef der 20th Century Fox, erklärte sich schließlich dazu bereit, eine Probeaufnahme zu bezahlen, die zeigen sollte, wie überzeugend ein Schauspieler im Affen-Make Up auf der Leinwand wirkte. Obwohl nach Vorführung der Testaufnahme selbst für ihn feststand, daß der sprechende Affe keineswegs lächerlich aussah, gab er Jacobs einen Korb. Der Film war für ihn immer noch ein zu unsicheres Geschäft. Kurze Zeit später bekam Jacobs unerwartet Schützenhilfe von Starregisseur Richard Fleischer. Dessen neuester Film DIE PHANTASTISCHE REISE, pikanterweise ein Produkt aus dem Hause 20th Century Fox, wurde zu einem ungeahnten Kassenknüller und zerstreute die meisten Bedenken, die Richard Zanuck bezüglich der Produktion teurer SF-Filme hatte. Er gab PLANET DER AFFEN grünes Licht, allerdings unter der Bedingung, daß Jacobs für den Film nicht mehr als fünf Millionen Dollar ausgab.
Jacobs heuerte daraufhin den Drehbuchautoren Michael Wilson an, der Rod Serlings Skript noch einmal überarbeiten und den Stoff etwas kostengünstiger adaptieren sollte. Die Umwandlung in einen erheblich preiswerteren Abenteuerfilm gelang, wenngleich dafür der Biß von Serlings Entwurf fast vollständig verloren ging. Die Satire reduzierte sich nun weitgehend auf Plattitüden, wie etwa den drei Orang-Utans, die nicht wahrhaben wollen, daß ein Mensch - in diesem Fall der Astronaut Tayior (Charlton Heston) - genauso intelligent sein soll wie sie, und empört in "Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen"-Manier die Pfoten vors Gesicht schlagen. Interessanterweise sah Michael Wilson die Sache genau umgekehrt. In einem Interview erklärte er: "Das Drehbuch hatte Rod Serling geschrieben. Wie sich zeigte, war es eine reine Science Fiction-Story über eine Affen-Kultur auf einem anderen Planeten in einem anderen Sonnensystem. Ich änderte das alles und machte etwas Satirisches daraus - eine Satire auf die menschliche Rasse. Es geht dann um Affen, gemeint sind zivilisierte Affen, die von den Menschen auf unserer Erde abstammen. Die Astronauten, die durch ein Versehen auf die Erde zurückkehren, stellen dort fest, daß diese durch einen Nuklearkrieg völlig zerstört wurde und die herrschende Rasse, die sich durch Evolution herangebildet hat, Affen sind. Affen, die von den bis zur Katastrophe auf der Erde lebenden Menschen abstammen und nun deren Kultur nachahmen - woraus die Geschichte ihre satirische Komponente bezog. Und für eben diese Satire habe ich gesorgt."
Inwieweit Wilson nun tatsächlich satirische Elemente ein- oder abgebaut hat, läßt sich heute nur noch schwer feststellen. Sicher ist dagegen, daß der Einfall mit der halbverschütteten Freiheitsstatue, die Taylor am Ende des Films in der Verbotenen Zone findet und durch deren Entdeckung ihm überhaupt erst klar wird, daß er sich auf der Erde befindet, nicht von Wilson stammt, sondern von Arthur P. Jacobs und Blake Edwards. Jacobs auf die Frage, warum er sich dieses Ende ausgedacht hat: "In Boulles Roman sind die Astronauten wirklich auf einem anderen Planeten, aber ich hatte das Gefühl, daß dies vorhersehbar war. lch schickte Boulle das fertige Drehbuch. Er schrieb mir daraufhin, daß dieser Schluß viel origineller als der seine sei, und er bedauerte es, beim Schreiben des Buches nicht selbst darauf gekommen zu sein." Interessanterweise gefiel Boulle einer anderen Quelle zufolge Jacobs Idee überhaupt nicht, er hielt sie vielmehr für Teufelswerk.
Sehr viel Wert legte man auf die Optik des Films. Neben den Schauplätzen, die der Katholische Filmdienst als "in ihrer imposanten Trostlosigkeit und verfremdeten Idylle geschickt gewählt" hielt, und der beeindruckenden Affen-Stadt, deren Aussehen den Bauten des spanischen Architekten Antonio Gaudi nachempfunden war, besticht vor allem die Aufmachung der Affen. Dank neuartiger Plastikmatenalien gelangen dem zuständigen Maskenbildner John Chambers äußerst realistisch wirkende Affenmasken, die es den Schauspielern erlaubten, selbst kleinste Gefühlsregungen mimisch auszudrücken. Für seine Leistung erhielt Chambers verdienterweise den Oscar. Schwierigkeiten gab es hinsichtlich der Kostüme. Zunächst wollte man die Affen in übliche Kleidungsstücke stecken - Anzüge, Uniformen und Arbeitskittel konnte man schließlich bequem aus dem studioeigenen Fundus bekommen. Die Gorillas sollten z.B. alte Marineuniformen tragen. Je weiter die Entwicklung des Drehbuchs fortschritt, umso mehr kam man von dieser Vorgehensweise ab und eine eigene Affenmode wurde kreiert. Die ersten Entwürfe wirkten allerdings ziemlich primitiv, wie Kartoffelsäcke mit Ärmeln, und wurden der Idee einer herrschenden, hochentwickelten Affenrasse nicht gerecht. Es wurde beschlossen, Farben einzusetzen, um die einzelnen Affenarten deutlich zu unterscheiden. So wurden die Orang-Utans mit brauner, die Schimpansen mit grüner und die Gorillas mit drohend schwarzer Kleidung ausgestattet. Die aufgesetzten Lederteile an den Uniformen der Gorillas waren übrigens aus Plastik gefertigt.
Zur Story: Die drei amerikanischen Astronauten Taylor (Charlton Heston), Landon (Robert Gunner) und Dodge (Jeff Burton) werden während eines Weltraumfluges 2000 Jahre in die Zukunft verschlagen. Sie landen auf einem fremden Planeten, wo sie unvermittelt in eine seltsame Jagd geraten. Bewaffnete Gorillas verfolgen zu Pferd eine Gruppe primitiv aussehender Menschen und fangen sie ein. Taylor, Landon und Dodge versuchen, dem unheimlichen Treiben zu entkommen, werden aber von den Affen entdeckt und überwältigt. Dabei kommt Dodge ums Leben. In der Affen-Stadt beginnt um Taylor ein heftiges Tauziehen, da die sprechenden Affen die unterentwickelten Menschen auf ihrem Planeten nur als Raubtiere ansehen und nun überrascht sind, ein Exemplar gefangen zu haben, daß scheinbar äußerst intelligent ist und sich zudem in ihrer Sprache verständlich machen kann. Die junge Doktorin Zira (Kim Hunter) möchte den eigenartigen Menschen gerne studieren, während der ehrwürdige Dr. Zaius (Maurice Evans) Taylor für eine Bedrohung hält, die schnellstens beseitigt werden muß. Taylor findet heraus, daß Dr. Zaius an dem ebenso außergewöhnlichen Landon bereits eine Gehirnoperation vorgenommen hat, angeblich, um einen lebensbedrohlichen Defekt zu beheben. In Wahrheit zerstörte er das Sprachzentrum des Mannes. Zira und ihr Kollege Cornelius (Roddy McDowall) verhelfen Taylor zur Flucht und begleiten ihn in die Verbotene Zone. Cornelius erzählt, daß er in dieser Zone die Überreste einer hochkultivierten menschlichen Gesellschaft gefunden habe. Zaius und seine Gorillas stellen die Flüchtigen an der Fundstätte. Der alte Wissenschaftler gesteht, daß er schon lange von der Existenz einer überlegenen menschlichen Rasse gewußt habe, die Wiedergeburt einer menschlichen Kultur aber um jeden Preis habe verhindern wollen, da die Affenreligion eindringlich vor den schlechten Eigenschaften des Menschen warnt. Taylor erzwingt von Zaius den freien Abzug und reitet mit Nova noch tiefer in die Verbotene Zone hinein, wo er eine furchtbare Entdeckung macht.
Teil 2 erscheint im nächsten Spookie.
Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 4, Februar 1997
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