Kammermeier

ohne titel

Besuch bei Bernd Kammermeier, dem Chef des „Panasensor"-Filmtrickstudios in Dietzenbach.

von Markus Janda

"Guten Tag! Einmal bis Justus-von-Liebig-Straße, bitte." Der Busfahrer sieht mich an, als hätte ich "Arschloch!" zu ihm gesagt. "Welche Stadt?" grummelt er mit östlichem Zungenschlag. Ganz offensichtlich hat er nicht alle Stationen im Kopf. "Dietzenbach", antworte ich. Die genaue Höhe des gewünschten Beförderungstarifes geht in einem Nuscheln unter und ich drücke dem Mann auf Verdacht sechs Mark in die Hand. Scheint zu reichen, ich krieg' sogar noch was raus. "Du verdirbst mir diesen schönen April-Tag nicht", denke ich bei mir. Hauptsache, ich komme rechtzeitig ins "Panasensor"-Filmstudio.

Dort empfängt mich ein wie immer gut gelaunter Bernd Kammermeier mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn, der in einem Laufstall friedlich vor sich hinschlummert. Wie schnell die Zeit vergeht. Als ich das letzte Mal beim "Panasensor"-Chef zu Gast war, gab's das kleine Kerlchen noch nicht.

Bevor wir jedoch auf vergangene Ereignisse zu sprechen kommen, interessiert mich erst einmal eine brandaktuelle Geschichte, nämlich die von PRO 7 geplante Fortsetzung der deutschen SF-Kultserie RAUMPATROULLIE. Soviel ich weiß, wollte die "Panasensor" vor einigen Jahren selbst einen RAUMPATROULLIE-Film drehen, ein Vorhaben, das am Unwillen der "Bavaria" scheiterte, die die Rechte an der Serie hält. Laut Kammermeier haben sich an den unkooperativen Bayern schon alle möglichen Fernsehsender und Produzenten bei dem Versuch, die "Orion" zu reaktivieren, die Zähne ausgebissen. Wie hat's dann aber PRO 7 geschafft?

"Pro 7 dreht keine echte ORION-Fortsetzung."

"Das ist mir selbst ein Rätsel", gesteht Kammermeier. "Ich erkläre mir das so, daß PRO 7 in Wahrheit gar keine richtige Fortsetzung drehen will, sondern nur so eine Art 'Orion-The Next Generation'. In dem Fall könnten sie nämlich soviele Veränderungen am Originalkonzept vornehmen, daß die "Bavaria" juristisch kein Veto einlegen kann. Ohnehin wird das keine deutsche Serie, weil die von Amerikanern finanziert und auch in Amerika gemacht wird. Hier in Deutschland wird bestenfalls ein bißchen Post-Production     gemacht."

Ich bin überrascht. Aus welchem Grund sollten die Amis an der RAUMPATROULLIE Interesse haben? Kammermeier weiß, wieso. "Der Grund ist STAR TREK. Jedes US-Network will an dem Erfolg von STAR TREK teilhaben. Weil man jetzt aber nicht einfach sowas ähnliches machen kann, ohne gleich von den Anwälten von "Paramount" eins auf den Deckel zu kriegen, sind die da drüben eben auf die Idee gekommen, die RAUMPATROULLIE neu aufzulegen. Die ist ja glücklicherweise im selben Jahr angelaufen wie STAR TREK, ist also was eigenständiges. Demzufolge hat "Paramount" keinerlei Möglichkeit, juristisch gegen die neue Serie vorzugehen, selbst wenn es da Parallelen zu STAR TREK geben sollte. Man setzt ja schließlich eine Serie fort, die nachweislich nicht von STAR TREK abgekupfert ist."

Auf meine Frage, inwiefern Regisseur Roland Emmerich (STARGATE) mit der neuen Serie verbandelt sei, erklärt mir Bernd Kammermeier, daß der Schwabe wohl als Co-Produzent fungiere. Wie er mir weiter erzählt, soll sich auch Emmerich schon einmal an einem Sequel zur alten RAUMPATROULLIE versucht haben. Auch er sei an der "Bavaria" gescheitert, und das, obwohl sogar Arnold Schwarzenegger als Sohn des "Orion"-Kapitäns Cliff Allister McLane mitspielen wollte (denn Big Arnie ist nach Kammermeiers Aussage ebenfalls ein beinharter RAUMPATROULLIE-Fan). "Ich finde es schade, daß man keine wirkliche Fortsetzung drehen kann", meint der "Panasensor"-Chef mit einem verärgerten Blick in Richtung München, wo eine unbewegliche "Bavaria" jedem neuen "Orion"-Projekt den Garaus macht.

"Da wird hierzulande immer gejammert, daß man keine erfolgreichen Stoffe hat, dabei hat man die, nutzt sie aber nicht." Für ihn sei das Kapitel RAUMPATROULLIE jedenfalls ein für allemal abgehakt. Diese finale Bemerkung nutze ich zu einem Themawechsel. Es ist anderthalb Jahre her, das ich das letzte Mal bei "Panasensor" zu Besuch war. Eine lange Zeit, in der doch einiges geschehen sein muß? Nun, an großen Filmen habe man in den vergangenen Monaten nicht mitgewirkt, sagt Bernd Kammermeier. Fürs ZDF habe man ein paar Sachen gemacht, etwa den Vorspann fürs "Abendmagazin". Allerdings sei man auch mit der Werbekampagne für die THX-Video-Version der KRIEG DER STERNE-Trilogie weitgehend ausgelastet gewesen, für die die "Panasensor" neun X-Wing-Fighter in Originalgröße gebaut hat. Einen davon konnte man im letzten Jahr in der Frankfurter Fußgängerzone bewundern. "An denen haben wir acht Monate gearbeitet, teilweise in drei Schichten zu je 70 Mann'', erzählt Kammermeier, und man hat den Eindruck, daß er durchaus nicht unglücklich darüber ist, daß dieser Kraftakt hinter ihm liegt.

ZDF, Werbekampagne - alles ganz gut und schön. Aber wollte die "Panasensor" 1995 nicht auch mit den Dreharbeiten zum SF-Knaller MOONTRAP 2 beginnen? Im Dezember 1994 schienen doch nach der Einigung mit der Vertriebsfirma "Shapiro/ Glickenhaus" über die Fortsetzungsrechte an MOONTRAP und der geldbringenden Partnerschaft mit dem "Senator"-Filmverleih alle Weichen für einen baldigen Drehbeginn gestellt zu sein. "MOONTRAP 2 ist abgehakt." Kürzer und trockener hätte man es kaum sagen können. Und weshalb ist MOONTRAP 2 abgehakt?

"Walter Koenig ist halt ein miserabler Schauspieler."

"Wir haben nicht das nötige Budget zusammengekriegt. Die Hälfte hatten wir schon, aber der Rest war einfach nicht aufzutreiben. Das Problem war unser Hauptdarsteller Walter Koenig. Kein Verleih wollte ihn dabeihaben." Wie bitte? Niemand war an Mr. Chekov aus STAR TREK interessiert? Der hätte doch wenigstens die Trekkies in MOONTRAP 2 gelockt. "Er ist halt ein miserabler Schauspieler", meint Kammermeier. "Und er hat eine furchtbare Stimme", fügt seine Frau Tamara hinzu.

Okay, mit MOONTRAP 2 ist es also Essig. Dafür erzählt mir Bernd Kammermeier von einem UFO-Thriller mit dem Arbeitstitel STRANGERS IN THE NIGHT, den er im kommenden Herbst oder Winter in Kanada inszenieren will. Ein kleiner Film, wie er betont. Das Budget betrage gerade mal drei Mio. Mark. Da der Film nicht für den internationalen Markt produziert würde, seien für die Hauptrollen in erster Linie deutsche Darsteller im Gespräch. Jetzt ist die Idee, einen Spielfilm über UFOs zu drehen, nicht eben neu. Auch an filmischen Erklärungsversuchen, woher die UFOs kommen, mangelt es nicht. Bernd Kammermeier weiß das und meint: "Mir geht es nicht darum, einen halbdokumentarischen Film zu drehen, der auf irgendwelchen mysteriösen Ereignissen beruht. In meinem Film wird es auch keine großartigen Effekte geben. Das wird mehr so ein psychologischer Thriller mit viel Atmosphäre. Da haben Leute Halluzinationen, da gibt es ein Kaff, in dem die Leute kein Wort sagen, es ist tiefster Winter. Und das Ende ist absolut verblüffend."

Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 2, Juli 1996