Brian Yuzna

"Ich wollte der Boß sein."

Interview mit Brian Yuzna

geführt von Stephan Zabka

  • Produzent: u.a. RE-ANIMATOR, FROM BEYOND, CRYING FEEEMAN
  • Regisseur: u.a. SOCIETY, RETURN OF THE LIVING DEAD 3

Wie haben Sie eigentlich Ihre Filmkarriere begonnen? Ich hörte, daß Sie vor Ihrer Zusammenarbeit mit Regisseur Stuart Gordon nie direkten Kontakt zu Filmschaffenden gehabt haben.

Ich war in ganz unterschiedlichen Geschäftsbereichen tätig. Zunächst habe ich Bilder gemalt, besuchte die Kunsthochschule, im College studierte ich Religion und Kunst. Dann hatte ich einen kleinen Laden, später ein Restaurant, und schließlich habe ich als Tischler gearbeitet. Ich hatte eine ganze Menge verschiedener Jobs. Als ich etwa 35 Jahre alt war, langweilten mich diese ganzen Geschichten. Ich beschloß, nach Hollywood zu gehen, um dort Filme zu drehen. Ich wollte endlich etwas Aufregendes tun.

Aber wie sind Sie dann mit dem Filmgeschäft in Berührung gekommen?

Nun, ich habe mir damals ziemlich viel Geld geliehen, natürlich für einen horrenden Zinssatz, was mich nahezu mein gesamtes Vermögen gekostet hat. Ich habe einfach gespielt. Ich wußte nicht, wie man überhaupt Filme macht, ja noch nicht einmal, welche Jobs es beim Film gab. Das einzige, was ich wußte, war, daß der Regisseur "Action!" sagt. Von allen anderen Dingen verstand ich herzlich wenig. Ich hatte das Filmemachen eben nie studiert. Irgendjemand sagte mir dann mal, daß der Produzent der Boß sei, der außerdem den größten Gewinn macht. Da ich nun mal der Boß sein und zudem gut verdienen wollte, wurde ich also Produzent.

Wie entstand Ihr Kontakt zu Stuart Gordon?

Ich hatte damals eine Anzeige im "Hollywood Variety" aufgegeben, in der ich einen Regisseur suchte. Daraufhin habe ich viele Leute kennengelernt. Einer von ihnen war Bob Greenberg. Wir unterhielten uns über einen Film, den ich machen wollte. Bei dem Projekt handelte es sich um die Geschichte eines psychopathischen Detektivs. Der Film wurde zwar nie realisiert, aber Bob empfahl mir einen Theaterregisseur aus Chicago namens Stuart Gordon. Daraufhin bin ich nach Chicago gefahren, habe mir sein Theater angeschaut und mich mit ihm getroffen. Dabei hat sich herausgestellt, daß er ein großer Horrorfan war und ich entschloß mich, mit ihm einen Film zu machen.

RE-ANIMATOR war einer der erfolgreichsten und wichtigsten Horrorfilme der 80er Jahre. Dachten Sie damals bereits an eine Fortsetzung?

Wir sprechen immer über eine Fortsetzung, wenn wir einen Film machen. Ursprünglich hatten wir den abgetrennten Kopf von Dr. Halsey gar nicht im Film, worauf ich aber bestand. Stuart Gordon wollte diese Sequenzen für einen weiteren Film verwenden, was ich allerdings ablehnte. Ich wollte, daß das gesamte Material benutzt wurde, denn in diesem Film steckte fast mein ganzes Vermögen. Würde ich damit kein Geld machen, würde ich nie wieder mit irgendetwas Geld machen. Als wir an den Punkt kamen, wo Herbert West stirbt, fragten die Autoren, ob wir ihn nicht für eine Fortsetzung brauchten? Ich beruhigte sie und gab ihnen zu verstehen, daß es bei einem kommerziellen Erfolg in jedem Fall ein Sequel geben würde.

Ihre erste eigene Regiearbeit war SOCIETY. Wie kam es zu dem Wechsel vom Produzenten zum Regisseur? Das sind doch zwei völlig gegensätzliche Positionen. Der Produzent eines Films hat in erster Linie ein finanzielles Interesse an dem fertigen Produkt, während der Regisseur Film eher als künstlerisches Ausdrucksmittel versteht.

Die einfache Antwort ist, daß ich schizophren bin, weil ich beides mache. Die schwierigere Antwort ist die, daß in der Vergangenheit mehrmals Projekte von mir gescheitert sind, weil Regisseure, die bereits einen Vertrag unterschrieben hatten, plötzlich kein Interesse mehr hatten. Das war ziemlich frustrierend. Also beschloß ich, selbst Regie zu führen. Wenn ich einen Film realisieren möchte, brauche ich mich somit nicht mehr in ein Abhängigkeitsverhältnis zu stellen. Außerdem macht Regieführen sehr viel Spaß.

Sie verwenden in Ihren Filmen häufig surrealistische Special Effects. Woher beziehen Sie dazu Ihre Ideen?

Meine Beobachtung während der 80er Jahre war, daß sich die Horrorfilme sehr stark an den alten EC-Comics orientierten. Die F/X-Leute beherrschten die komplette Kollektion, wie z.B. die zerlaufenden Zombies. Alles war dem Stil der EC-Comics angepaßt. Natürlich machen diese Geschichten Spaß, aber um dem Zuschauer etwas wirklich Neues bieten zu können, benötigt man andere Inspirationsquellen. Und genau die findet man bei den Surrealisten und den Dadaisten. Diese Kunstrichtungen aus den 20er und 30er Jahren liefern eine ganze Menge Material, das man für Filme adaptieren kann. Das europäische Plakatmotiv zu FROM BEYOND ist beispielsweise eine direkte Übernahme eines Dali-Gemäldes.

Was denken Sie über die Dali-Filme L'AGE D'OR und UN CHIEN ANDALOU?

Ich halte beide Filme für künstlerisch sehr anspruchsvoll. Ich glaube allerdings, daß sich die Dadaisten mehr Gedanken über ihre Ideen machten, als über ihr endgültiges Produkt. Die Surrealisten hingegen waren wohl mehr kommerziell orientiert. Dali ist das beste Beispiel dafür. Er beschäftigte sich mehr mit dem von ihm geschaffenen Produkt, was den Unterhaltungswert für den Rezipienten enorm steigert. Das Ideenpotential selbst, wie zum Beispiel die Idee des Unbewußten, leidet meiner Ansicht nach bei der filmischen Umsetzung daran, daß es nicht sonderlich narrativ ist. Dennoch, wenn man die Geduld mitbringt, die diese Filme erfordern, kann ihre Betrachtung ein großer Genuß sein.

Was halten Sie von Humor in Horrorfilmen, der ja auch in Ihren Filmen ein wesentliches Element ist?

In BRIDE OF RE-ANIMATOR war der Humor insofern wichtig, als daß er bereits im Vorläufer eine wichtige Rolle spielte. Mit RETURN OF THE LIVING DEAD 3 versuchte ich dann allerdings, weniger humorvoll zu sein, denn diese ganzen Parodien, die seit Ende der 80er Jahre die Leinwände bevölkerten, machten mich einfach krank. Fast jeder Horrorfilm war mit einem Augenzwinkern an sein Publikum versehen, verkam zur bloßen Genre-Parodie, was mir überhaupt nicht gefiel. Ich persönlich mache mich nicht über das Genre lustig. Ich versuche, innerhalb des Genres Spaß zu haben.

Dieser Artikel erschien in Spookie Nr. 2, Juli 1996